Wer das Wort „trial“ in Collins' English Dictionary nachschlägt, erhält mehrere Erklärungen, darunter folgende:
A trial is a formal meeting in a law court, at which a judge and jury listen to evidence and decide whether a person is guilty of a crime.
A trial is an experiment in which you test something by using it or doing it for a period of time to see how well it works.
If you refer to the trials of a situation, you mean the unpleasant things that you experience in it
Es konnte ja nur den verschrobenen britischen Insulanern einfallen, eine Sportart zu erfinden, die wie eine Gerichtsverhandlung oder ein unsicheres Experiment abläuft und jedenfalls Unangenehmes erwarten lässt...
Wofür hat der Mensch zwei Beine, wenn er mit ihnen nicht die Erde berühren darf? Warum haben diese Trialfahrzeuge seit Jahren keine Sitzbank mehr, wodurch der Schwerpunkt des Fahrers zwangsläufig nach oben verlagert wird, obwohl ihn das Naturgesetz der Schwerkraft unablässig zu Boden zwingt?
Solche und ähnliche Gedanken quälen mich seit Jahrzehnten, wenn man mir das Angebot macht, an MSK72-Trialbewerben teilzunehmen. Mich derlei Qualen auszusetzen, kommt für mich seit Jahren nicht mehr in Frage. Um aber nicht als Unhold zu gelten, helfe ich nolens volens mit, und – weil ich lieber der Richter als der Angeklagte bin - vergebe ich Strafpunkte für jeden Kontakt eines Fahrerfußes mit dem Boden und ergötze mich an den Stürzen der Probanden, denn das gibt gleich einen Fünfer. Es ist herrlich, einem so gescheiterten Trialisten (oder heißt es Trialeur?) mit zur Zensur gezücktem Bleistift ins Gesicht zu blicken.
Unser Klub würde ja gar keine Trials veranstalten können, wäre da nicht unser Mäzen Theodor Sch., der uns einmal jährlich einen Teil seiner Latifundien überlässt und dortselbst auch noch hervorragend umsorgt und bewirtet. Unter dem Vorwand, für seine Traktoren einen Verschlag errichten zu müssen, hat er heuer seiner Mama und wohl auch irgendeinem EU-Förderfonds das nötige Bare abgeschwatzt, um für seine Freunde vom MSK eine Halle mit den Ausmaßen eines Indoorstadions zu errichten. Hätte ich im Klub was zu sagen, würde ich dafür plädieren, unserem Gönner das Prädikat „Theodor I., Edler vom Krughof, Freiherr zu Lieboch und Lankowitz“ zu verleihen. Wäre ihm aber wahrscheinlich wurscht, denn die Auszeichnung mit dem Landeswappen durch den Voves hängt er auch nicht auf...
Wie weitsichtig unser Bauherr agiert hatte, zeigte sich an der Wettervorhersage für das vergangene Wochenende, an dem dieses „Trial“ stattfinden sollte: Regen, Regen und nochmals Regen. Da an eine Absage aus Termingründen nicht zu denken war, beschlossen die Organisatoren Karl und Fritz sowie meine Wenigkeit unter dem schützenden Dach der neuen Halle, den Bewerb bei jeder Witterung durchzuführen.
So reiste am Samstagvormittag eine erlesene Schar wackerer Recken jeglicher Altersgruppe an, ihr Talent auf jeweils vier Sektionen in der Amateur- bzw. Fortgeschrittenenklasse unter Beweis zu stellen und sich von mir und drei weiteren Punkterichtern zensieren zu lassen. Im Folgenden kann ich als Verantwortlicher für die Amateursektion Numero vier nur einen kleinen Ausschnitt des dort Erlebten ausführen:
Die harmlos anmutenden, auf der Wiese rund um Theos Anwesen von Karl ausgesteckten Prüfungen hatten es aufgrund enger Radien und der tückischen Witterung in sich – von Runde zu Runde wurde die Fahrspur glitschiger, nach der Proberunde strichen acht von achtzehn Teilnehmern die Segeln – ich kann es ihnen nicht verübeln. Selbst mein alter Freund Christian F. verabschiedete sich nach Fehlversuch Nummer eins von mir mit einem grimmigen „Scheißdrauf!“ . Wie verwundert war ich, als er nach geraumer Zeit zur ersten Wertungsrunde wieder bei mir erschien: „Wie i das Gerät abstellen wollt, is da Karl do gstanden und hat mi zur Einsersektion g'wunken!“ Wer Karl kennt, weiß, was Christian gemeint hat.
Wie auch immer – es wurde nicht besser, es goss aus Kübeln, ein Highlight folgte (aus meiner Sicht) dem anderen, Sturz reihte sich an Rutscher, es war zum Erbarmen. Ich musste an das Bild einer Schildkröte denken, die sich zum ersten Mal im Eiskunstlauf versucht. Obwohl Christian mehrmals auf dem Rücken landete, tat dies seiner guten Laune keinen Abbruch, denn wie jeder echte Kerl verfügt er über eine gesunde Portion Selbstironie, ebenso wie die übrigen armen Teufel, die wacker durchhielten und sich von Mal zu Mal mehr an ihrem Scheitern zu ergötzen schienen.
Eine Ausnahme vermag ich nicht zu verschweigen: Herr Kurt E. begab sich in der Proberunde zu mir um sich, wie er es formulierte, „das Punktemaximum abzuholen“ - ohne die Sektion zu durchfahren. Der Elende meinte, von mir seine Fünfer ohne vorherige Prüfung seiner mangelnden Eignung bekommen zu können. Ich war noch gnädig, indem ich fünf Punkte für die verweigerte Probe-, sowie sechs respektive sieben und letztendlich acht Punkte für die Wertungsrunden vergab – wegen schwerer Insubordination. Recht muss Recht bleiben, alles andere hieße Eulen nach Athen zu tragen!
Schlussendlich ebbte das kollektive Leiden bei der Siegerehrung in einem wärmenden Duft von Schnitzel mit Pommes ab, Versöhnung mit Veranstalter und Wetter war angesagt, und während zuvor die Schleusen des Himmels geöffnet waren, waren es nun jene, aus denen Theodor I. reichlich Bier und Wein quellen ließ. Wie immer bei Klubabenden begab man sich erst gegen halb-
zur Nachtruhe vor Ort, in kindlicher Vorfreude auf das traditionelle Trialfrühstück am Sonntagmorgen: Kaffee, Ham and Eggs und Bier.
Eine Frage konnte mir das ganze Wochenende trotz bester flüssiger Labung niemand beantworten:
„Za wos baut da Mensch a Motorradl ohne Sitz – dös is gleich deppert wie ohne Muschel am Scheißhaus hocken!“
Womit sich mir die Frage stellt, ob die Engländer vielleicht auch diese zivilisatorische Schandtat verbrochen haben - was ich zugunsten ausführlicher Recherche in einem anderen Beitrag ausführen werde …
PeWe